HOFMANN GARTENBAU
Nachhaltig durch effiziente Technologie
Hofmann Gartenbau in Winterthur ist in der Branche beispielhaft für sein innovatives Prozessmanagement. Genauso wichtig sind die wertebasierte Firmenkultur und das konsequente Umweltleitbild als Richtschnur des unternehmerischen Handelns.
Wenn es eine Berufsgruppe gibt, welche die Folgen des Klimawandels am eigenen Leib spürt und bei der Arbeit erkennt, dann sind es die Gärtner. Die meisten von ihnen bestätigen: Die Sommer werden in unseren Breitengraden insgesamt heisser und trockener, die Jahreszeiten verschwimmen und neue Pilze und Schädlinge machen sich in den Gärten breit. Es wäre jedoch zu viel verlangt, den Gärtner in Zeiten des Klimawandels zum grünen Retter auszurufen. «Das Grüne an der sogenannt grünen Branche ist nur mässig beeinflussbar und trägt bestenfalls zu einem besseren städtischen Mikroklima bei, wenn beispielsweise auf einem bislang ausgeräumten Platz schattenspendende Bäume gepflanzt werden», kommentiert Jürg Hofmann, Inhaber der Hofmann Gartenbau AG. Die Gärtnerbranche ist für Jürg Hofmann nicht per se nachhaltiger als andere: «Professionelle Gärten und Parkanlagen werden von Menschen für Menschen gestaltet, sind ein Stück Architektur und kein Ersatz für wilde Natur, geschweige denn ein Feigenblatt für den Verlust an Biodiversität.» Trotz solch klarer Worte ist Jürg Hofmann kein opportunistischer Unternehmer, welcher Werte der Rendite opfert. Ganz im Gegenteil bezeichnet er sich als grüner Liberaler, als ein Gartenbauunternehmer, der Ökologie und Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen versucht.
Bei den Finanzen sei den meisten Menschen klar, dass eine zu starke Verschuldung nicht gut sei. Bei der Ökologie hingegen werde oft verdrängt, dass ein extensiver Ressourcenverbrauch auf Kosten der zukünftigen Generationen gehe, stellt Jürg Hofmann fest und ergänzt: «Man muss unsere Umwelt behandeln wie ein Anlagekonto. Man darf den kommenden Generationen Probleme zumuten, ihnen jedoch nicht die Handlungsspielräume verbauen. Das ist der Antrieb für mein ökologisches Engagement als Mensch und als Unternehmer.» Eine nachhaltige Unternehmensstrategie hat für Jürg Hofmann sehr viel mit gut gemanagten Prozessen, effizienter Technik und einer starken Mitarbeiterkultur zu tun. In diesen Bereichen lasse sich eine Wirkung auf Mensch und Umwelt erzielen, ist Jürg Hofmann überzeugt. Als technikaffiner Unternehmer versucht er stets, Arbeitsabläufe und Maschineneinsatz zu optimieren. Wer sich mit dem Bestehenden und den lieb gewordenen Bequemlichkeiten zufrieden gebe, der denke und handle weder nachhaltig noch innovativ. «Wenn Prozesse, Arbeitsklima und die Qualität stimmen, dann ist ein Unternehmen gut im Markt positioniert und vor allem auch fähig, Innovationen hervorzubringen wie Hofmann Gartenbau im Bereich des digitalen Planens und Bauens von Gartenanlagen», präzisiert Christoph Hofmann, der 2020 die Firmenleitung übernehmen wird.
SCHAUFEL STATT KRAWATTE
Jürg Hofmann stammt aus bürgerlichen Verhältnissen. Sein Grossvater ist Privatbuchhalter und Sachverwalter der einflussreichen Winterthurer Kaufmannsfamilie Reinhart, verstirbt allerdings früh auf einer Bergwanderung. Dank der familiären Kontakte ist dessen Sohn Hansjürg Hofmann für eine Laufbahn bei den «Winterthur Versicherungen» vorgesehen. Doch die gut bezahlte Büroarbeit als Versicherungsexperte befriedigt den Individualisten und Nietzsche-Leser auf Dauer nicht. Er legt Anzug und Krawatte ab und startet als Hilfsarbeiter in einer Gartenbaufirma. Am 1. Mai 1967 macht sich Hansjürg Hofmann selbstständig, als 41-jähriger und vierfacher Familienvater. Aus ethischen Erwägungen nutzt er seine bestehenden Kontakte nicht und beginnt auch erst nach der Gründung mit der Akquise von Kunden. Doch das Glück ist mit den Tüchtigen: Ein Architekt, der bei der Planung seines eigenen Hauses die Gartengestaltung vergessen hat, gibt ihm den ersten Auftrag und wird sich zu einem wichtigen Vermittler entwickeln. Mit immensem Arbeitsfleiss macht sich Hansjürg Hofmann bald einen guten Namen in der Region.
Sein Sohn Jürg Hofmann hilft bereits als Kind im Betrieb mit und programmiert als Jugendlicher am Commodore eine individuelle Firmen-IT. Als der Vater einen schweren Autounfall erleidet, springt der mittlerweile 17-jährige Jürg Hofmann ein und leitet vorübergehend den Betrieb. Quasi nebenbei bereitet er sich auf seine Matura vor. Während seines Studiums der Landschaftsarchitektur in den frühen 1980er-Jahren prägen die Themen atomare Abrüstung, Anti-Atomkraft und Waldsterben die öffentliche Debatte. Als neue Partei formieren sich die Grünen. Dank der damals guten Baukonjunktur und einem stärkeren Bewusstsein für Umweltaspekte professionalisiert und differenziert sich die Gartenbaubranche, die Gärtnerberufe erhalten markanten Zulauf. Davon profitiert auch Jürg Hofmann, als er 1986 die Geschäftsleitung des Familienunternehmens übernimmt. Für Jürg Hofmann rücken ökologische Aspekte früh ins Zentrum seines Denkens. Allerdings ist er kein Theoretiker, sondern versucht, aus wissenschaftlicher Perspektive und mit technologischem Know-how einen Beitrag zu leisten, damit sich ein nachhaltiges, die Umwelt möglichst wenig belastendes Handeln entfalten kann. Verantwortung für die Mitmenschen und die Umwelt beginnt bei sich selbst, ist Jürg Hofmann überzeugt und lebt nach diesem Credo. So baut er in seinem Wohnhaus bereits in den 1990er-Jahren eine Erdsondenheizung ein, damals eine neue und innovative Technologie mit besonders geringem Energieverbrauch dank hohem Wirkungsgrad durch Nutzung der Erdwärme.
Jürg Hofmann mit seinem Sohn Christoph Hofmann, ab 2020 CEO von Hofmann Gartenbau.
QUALITÄTSMANAGEMENT NACH HOFMANN-ART
Ebenfalls in den 1990er-Jahren wird das Thema «Qualitätsmanagement» zum grossen Trend im Management. Auch Jürg Hofmann interessiert sich für eine Zertifizierung nach ISO 9001, bricht aber den Prozess bald wieder ab. «Ich habe mich wie mit Fesseln an den Füssen gefühlt.» Denn er lässt sich nicht gerne in Schemata pressen. Stattdessen entwickelt er ein eigenes, massgeschneidertes Qualitätssicherungssystem und verzichtet bewusst auf eine Zertifizierung. Die Vorgaben von ISO 9001 hält er dennoch freiwillig ein oder übertrifft sie sogar. Sein persönliches System nennt er «DH – Das Handbuch». Es regelt fortan sämtliche Betriebsabläufe, von der Kundenanfrage über die Planung bis hin zur Rechnung. Ein solch ausgefeiltes System ist für die ansonsten eher praktisch orientierte Gartenbranche bis heute speziell und beispielhaft. Somit gilt Hofmann Gartenbau auch als einer der am besten organisierten Schweizer Betriebe seiner Profession.
Am Technikum Rapperswil hat Jürg Hofmann viel über konzeptionelles Denken ausserhalb gewohnter Muster gelernt und sich während seiner Tätigkeit für ein grosses Gartenbauunternehmen in Bern mit effizienter Arbeitsorganisation befasst. Sein Ziel ist es, das Potenzial seiner Firma mit strukturierter Planung und strategischen Investitionen in Gebäude und Maschinen besser auszuschöpfen. Ausserdem entscheidet er sich in den 90er-Jahren, nicht mehr – wie damals in der Branche üblich – auf kurzfristig angeheuertes Hilfspersonal zu setzen, sondern qualifizierte Arbeitskräfte auf Dauer für sein Unternehmen zu gewinnen. «Das war meine wichtigste strategische Weichenstellung », urteilt er rückblickend. Zur Nachhaltigkeit gehört für ihn ebenso wie die Personalentwicklung auch eine langfristig angelegte Zusammenarbeit mit regionalen Lieferanten auf der Basis gegenseitigen Vertrauens.
«Gärten sind kein Ersatz für wilde Natur, geschweige denn ein Feigenblatt für den Verlust an Biodiversität.»
Jürg Hofmann, CEO
UMWELTLEITBILD ALS RICHTSCHNUR
Genauso strukturiert wie die Arbeitsorganisation und das Personalmanagement geht Jürg Hofmann das Thema Umweltschutz an: Er entwickelt 2016 ein fundiertes Umweltleitbild für Hofmann Gartenbau. Das Unternehmen verpflichtet sich darin, am Erreichen der 2000-Watt-Gesellschaft mitzuwirken. Bei den Aufträgen strebt Hofmann stets die umweltverträglichste Variante an, sie muss gleichzeitig nach Abwägung aller Faktoren die situativ beste Lösung sein. Konkret legt Hofmann gemäss dem Leitbild bei der Planung von Gartenanlagen Wert auf eine möglichst umweltgerechte Gestaltung, beispielsweise mit Stauden und standortgerechten, vornehmlich einheimischen Pflanzen. Entsprechend sensibilisieren die Hofmann-Mitarbeitenden auch ihre Kunden für eine umweltschonende Gartengestaltung. Um nicht zu grosse Flächen zu versiegeln, werden Bodenbeläge möglichst wasserdurchlässig ausgeführt. So hält das Unternehmen eine regionale Lizenz für fugenlose, sickerfähige Boden- und Spielplatzbeläge.
Ein wichtiger Baustein für die Umsetzung des Leitbildes ist eine klare geographische Beschränkung des Arbeitsrayons. «In der Regel akquirieren wir nur Aufträge innerhalb eines Radius von 15 Kilometern», erläutert Jürg Hofmann. «So haben wir stets kurze Wege, sparen Energie, können uns fokussieren und effizient arbeiten.» Einzelne spezielle Aufträge in grösserer Distanz werden nur nach einem positiven Entscheid der Geschäftsleitung ausgeführt. «Allein durch diese Massnahme weisen wir im Konkurrenzumfeld eine überdurchschnittliche Ökobilanz auf», kommentiert Jürg Hofmann.
BOTSCHAFTER DER ELEKTROMOBILITÄT
Seit 2015 fahren die Hofmann-Bauleiter mit Elektromobilen, die weitgehend mit Strom aus erneuerbarer Energie betrieben werden. Jürg Hofmann versteht sich damit als ein Botschafter der Elektromobilität. Für regional tätige Gewerbebetriebe biete sich wegen der kurzen Fahrten die Elektromobilität geradezu an, argumentiert er. Soweit Geräte mit Elektromotoren oder Akkubetrieb verfügbar sind, wird von Hofmann diese Antriebsform gewählt. Bei den Baumaschinen schafft das Unternehmen jeweils diejenigen mit der aktuell saubersten Abgasnorm und der bestmöglichen Leistungs- und Verbrauchsoptimierung an. Und die Mitarbeitenden werden angehalten, mit dem öV oder dem Velo zur Arbeit zu kommen. Im Sinne des Umweltschutzes ist Hofmann ausserdem bereit, neue Techniken, Bau- und Betriebsstoffe anzuwenden und auch zu testen. Beispielsweise verwendet Hofmann ein spezielles Heisswasserverfahren mit wärmeisolierendem Schaum aus pflanzlicher Stärke für eine effiziente und ökologische Unkrautregulierung.
2014 hat Jürg Hofmann an der Hegibergstrasse in Winterthur einen neuen Werkhof erstellt, dieser vereint die Themen Wohnen und Arbeiten. Erbaut ist er aus den Materialien Sichtbeton und Holz. Das Gebäude nutzt die Hanglage geschickt aus: Auf der Südseite gegen den Wald ist der Zugang mit den Hallen für Werkzeuge und Geräte ebenerdig, auf der anderen Seite kann das Material über eine Rampe in die Lieferwagen verladen werden. Die Garderobenräume für die Mitarbeitenden im Obergeschoss sind geräumig und hell, ein grosser Bildschirm an der Wand informiert über die jeweiligen Arbeitseinsätze. Auf derselben Etage liegt das Grossraumbüro für Geschäftsleitung, Bereichs- und Bauleiter sowie die Wohnung von Christoph Hofmann. Dank Holzkonstruktion, hoher Energieeffizienz, Erdsondenheizung und Dachbegrünung entspricht das Gebäude Jürg Hofmanns Vorstellungen vom umweltgerechten Bauen. Zum 50-Jahr-Jubiläum hat sich das Unternehmen Solaranlagen angeschafft, welche die Autonomie des Werkhofs weiter steigern. Dieser nachhaltige Ansatz findet auch in der Fachwelt Anerkennung. So hält die Architekturfachzeitschrift «Hochparterre» fest: «Das Haus hat etwas gekostet. Doch der Mehrwert, den die Architektur schafft, ist offensichtlich – für die heutigen Mitarbeiter wie für künftige Generationen.»
Einsatz auf der Baustelle mit ferngesteuerter Baumaschine.
BIM FÜR DEN GARTEN
2020 übernimmt Jürg Hofmanns Sohn Christoph das Unternehmen. Er treibt für das Unternehmen den digitalen Gartenbau voran: «Mit einem neuen Vermessungsgerät können wir die Koordinaten des Geländes exakt aufnehmen und auf dieser Basis unsere Projekte digital planen und vorbereiten, ähnlich dem BIM in der Architektur.» Auch die Erdarbeiten würden bei Hofmann zunehmend automatisiert ausgeführt, berichtet er: «So verbrauchen wir weniger Energie, sind effizienter, schonen den Boden und werden schneller.» Künftig solle es auch ein Online-Tool geben, mit dem Kunden selbst transparent die Kosten für eine Gartengestaltung kalkulieren könnten, so Christoph Hofmann: «Ich blicke mit Zuversicht in die Zukunft. Wir alle werden noch vernetzter leben, weniger reisen, dafür häufiger flexibel von daheim arbeiten. Der Garten als erweitertes Wohnzimmer gewinnt dadurch eine neue Wertigkeit.» Aktuell arbeitet Hofmann am bislang grössten Auftrag der Unternehmensgeschichte: Der grosszügige Park des Winterthurer Technikmuseums Technorama wird bis zum Frühjahr 2021 neu gestaltet und wird den Besuchern dann noch mehr Möglichkeiten bieten, unter freiem Himmel die Faszination der Naturwissenschaften zu erleben. Die Umgebungsarbeiten übernimmt Hofmann Gartenbau. Das passt genau, schliesslich ist Hofmann Gartenbau selbst ein Beispiel dafür, welche Chancen moderne Technik auch in einer Branche wie dem Gartenbau eröffnet – und wie dank Innovationsgeist mehr Nachhaltigkeit erreicht werden kann.
Bernhard Ruetz: Innovativ. Nachhaltig. Erfolgreich.
Zehn Schweizer Unternehmen und ihre Geschichten
Verlag Ars Biographica, Humlikon 2019.
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