BÜCHI LABORTECHNIK

Werte, Qualität und Innovation

Als ein führender Anbieter für Labortechnologie hat Büchi Einfluss darauf, wie Labore und Entwicklungsabteilungen weltweit arbeiten. Das Geheimnis hinter Büchi: die starken Werte, die bis heute im Unternehmen fest verwurzelt sind.

Von Island bis Neuseeland: Überall in der Welt sind die Laborgeräte von Büchi als «State of the Art» bekannt, denn sie sind langlebig, einfach zu bedienen und zugleich sehr leistungsfähig. Das Unternehmen mit Sitz in Flawil ist Weltmarktführer für die Rotationsverdampfung im Labor. Es hat sich von einem regionalen Zulieferbetrieb für Glaskomponenten zu einer globalen Lösungsanbieterin entwickelt und mit seinen Produkt- und Prozessinnovationen die Art, wie heute in den Labors gearbeitet wird, stark geprägt. Dies ist umso erstaunlicher, als dem Gründer Walter Büchi der unternehmerische Erfolg keineswegs in die Wiege gelegt wurde.

FASZINATION FÜR DIE GLASBLÄSEREI
Hunger, Schläge und Demütigungen – das sind die Eckpunkte von Walter Büchis Kindheit. Geboren am 13. März 1913, erscheint das Datum zunächst wie ein böses Omen: Als zweitältestes von sieben Kindern wächst Walter Büchi im thurgauischen Amriswil in grosser Armut auf. Der Vater, ein Käser und Landarbeiter, stirbt früh an den Folgen einer Lungenentzündung. Fortan lebt die Familie am Existenzminimum. Die streng religiöse Mutter erzieht ihre Kinder mit harter Hand. Nach der obligatorischen Schulzeit gilt es, ohne Ausbildung für wenig Geld zu arbeiten. Ein Teufelskreis von Armut und Hoffnungslosigkeit scheint unausweichlich. Zudem wirft bereits die Weltwirtschaftskrise ihren Schatten. Doch Walter Büchi nutzt jede seiner Gelegenheitsarbeiten, um so viel wie möglich zu lernen. In der Abendschule eignet er sich Kenntnisse über Elektrotechnik an. Auch die Glasbläserei fasziniert ihn, heimlich übt er sich in diesem anspruchsvollen Handwerk.

KEIN GELD, ABER EIN STARKER WILLE
Die Gewalt und Not seiner Jugend lassen Walter Büchi nicht verbittern, sondern wecken in ihm den Wunsch, etwas zu verändern: Am 2. Januar 1939 gründet er im sanktgallischen Heerbrugg eine Glasbläserei – kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, ohne Geld oder einen einzigen Kunden. Dafür besitzt er den Willen, «unter allen Umständen durchzuhalten». Tatsächlich gelingt es Walter Büchi dank Fleiss, Kreativität und Geschäftssinn, die Zeit der Kriegs- und Mangelwirtschaft geschickt für den Aufbau des Betriebs zu nutzen. Bald einmal zieht das Unternehmen nach Flawil um und macht sich mit präzise gefertigten Glasprodukten einen guten Namen bei Labors, Textilfirmen und Feinmechanikbetrieben. Büchis Erfolgsgeheimnis ist die Leidenschaft für den Werkstoff Glas, der unter grosser Hitze schmilzt, millimetergenau geformt werden kann und in seinen Geräten verlässlich selbst hohen Belastungen standhält.

Dr. Dr. Reinhardt Büchi, VR-Präsident

Dr. Dr. Reinhardt Büchi, VR-Präsident

VOM GLASBLÄSER ZUM APPARATEBAUER
In seinen Erinnerungen schreibt Walter Büchi: «Ich glaube, dass ich in Anspruch nehmen kann, dass der Charakter der Firma Büchi durch Mut und Durchhaltewillen gekennzeichnet, und dass der schöpferische Impuls bis heute dominierend ist.» Hiermit ist treffend umschrieben, was Büchi bis heute ausmacht: eine starke Wertorientierung, gepaart mit Innovationsgeist. Als nach dem Krieg der Wirtschaftsaufschwung einsetzt, weitet Büchi das Tätigkeitsfeld aus. Statt reiner Glasteile stellt das Unternehmen nun verstärkt moderne, einfach zu bedienende Apparate her. Die Kunden finden sich in der stark expandierenden chemischen Industrie und in den kantonalen Labors, zunehmend kommen sie auch aus dem Ausland. Im Austausch mit Fachleuten entwickelt Walter Büchi Destillierapparate und ein Gerät zur Schmelzpunktbestimmung. 1957 kreiert er den Rotationsverdampfer «Rotavapor», der Stoffe mit verschiedenen Siedepunkten trennt und so die Arbeit in den Forschungslabors vereinfacht. Das überzeugt Chemiker in aller Welt – der Rotavapor wird zum Verkaufsschlager und zur Basisinnovation für Büchi. Bis heute sind die Verdampfungslösungen ein wichtiges Marktsegment.

«Wir wollen nicht nur selber innovativ sein, sondern auch Innovationen beim Kunden ermöglichen.»

Roger Baumann, CEO

WECHSEL ZUR ZWEITEN GENERATION
In der zweiten Generation übernimmt der älteste Sohn von Walter Büchi, Eugen Büchi, die Führung und leitet das Unternehmen von 1973 bis 1991. In dieser Zeit formt er Büchi zu einem modernen, exportorientierten Industriebetrieb und erweitert das Netz von Distributoren, u.a. in Japan und China. Ausserdem festigt er den geradezu legendären Ruf der Büchi-Geräte als einfache, durchdachte und langlebige High-End-Produkte und entwickelt verschiedene neue Geräte, zum Beispiel einen Sprühtrockner. Dank solcher strategischer Weichenstellungen stärkt Eugen Büchi die Innovationskraft des Unternehmens. In seiner Ära vervielfacht sich der Umsatz. Doch schliesslich entscheidet er sich, die Unternehmensanteile an seinen jüngeren Bruder Reinhardt zu verkaufen und aus der Firma auszutreten.

DEM ERBE VERPFLICHTET
Reinhardt Büchi ist ein Mensch mit einem grossen Spektrum an Interessen. Er studiert Wirtschaft an der Hochschule St. Gallen und nimmt nach dem Doktorat ein Angebot der NZZ an, als Wirtschaftsjournalist zu arbeiten. Parallel zur redaktionellen Arbeit schliesst er ein Psychologiestudium an der Universität Zürich ab, doktoriert auch in diesem Bereich und eröffnet eine psychoanalytische Praxis. Bereits seit den 1970er-Jahren engagiert sich Reinhardt Büchi zugleich im Verwaltungsrat der Firma Büchi. Dem Vermächtnis seines Vaters fühlt er sich stark verpflichtet. Deshalb übernimmt er 1991 die Verantwortung im Unternehmen – in einer konjunkturell schwierigen Phase. Hat sein Bruder den Schwerpunkt auf technische Modernisierungen gelegt, so stärkt Reinhardt Büchi als HSG-Ökonom die Schlagkraft der Vertriebsorganisation. Er gründet zahlreiche internationale Töchter als Basis für eine konsequente Wachstumsstrategie. Gleichzeitig setzt er auf ein ganzheitliches Marketing und erwirbt zusätzliches Know-how für den Ausbau des Sortiments durch Kooperation mit Drittfirmen, beispielsweise in der Infrarotspektroskopie und im angestammten Chromatographie-Geschäft.

Dr. Roger Baumann, CEO

DER VATER ALS INSPIRATOR
Als Psychologe weiss Reinhardt Büchi, dass ein nachhaltiger unternehmerischer Erfolg nur dann gelingt, wenn die Mitarbeitenden Vision und Strategie mittragen. Daher engagiert er sich für die Firmenkultur und erarbeitet mit seinen Mitarbeitenden ein Werte-Handbuch. Darin werden die Kernwerte Walter Büchis weiterentwickelt und neu formuliert. Die umfassende Leitidee widerspiegelt sich im Satz «Quality in your hands». Der Beitrag jedes einzelnen Mitarbeiters, also buchstäblich jeder Hand, ist wesentlich für die Entstehung der angestrebten Qualität. Somit kann sich jeder Mitarbeitende und auch der angesprochene Kunde mit dem Leitsatz identifizieren. Das unternehmerische Ziel ist es, mit innovativen und qualitativ hochstehenden Produkten einen wertvollen Beitrag für die Gesundheit und die Sicherheit von Mensch und Umwelt zu leisten und so einen wesentlichen Mehrwert zu schaffen. Der kraftvolle Gründungsmythos und die starke Persönlichkeit seines Vaters inspirieren Reinhardt Büchi dabei. «Engagierte und kreative Mitarbeitende auf allen Stufen sind der Schlüssel für unseren gemeinsamen Erfolg», fasst Reinhardt Büchi zusammen. 2009, im Alter von 65 Jahren, konzentriert er sich ausschliesslich auf seine Arbeit als Verwaltungsratspräsident – im Wissen, dass er die Weichen für eine nachhaltige Zukunft gestellt hat.
Um die Jahrtausendwende hat das Internet neue Geschäftschancen geschaffen, aber auch den internationalen Wettbewerb verschärft. Büchi setzt lange ausschliesslich auf den Produktionsstandort Schweiz. Doch 2013 beschliessen Geschäftsleitung und Verwaltungsrat, den überwiegenden Teil der Glasproduktion nach Indien zu verlegen, in ein Land mit grosser Glasbläsertradition. Aktuell sind rund 70 Mitarbeitende am Standort Surat (Gujarat) tätig und produzieren Standardteile in Büchi-Qualität, zu einem fairen Lohn. So kann sich Büchi weiterhin erfolgreich auf dem Weltmarkt mit Schweizer Qualitätsprodukten positionieren. Indien ist darüber hinaus ein wichtiger Absatzmarkt.

MIT BÜCHI-APPARATEN DIE AUTOMATISIERUNG UNTERSTÜTZEN
Gleichzeitig setzt Büchi nach wie vor auf den Standort Schweiz. Am Hauptsitz in Flawil arbeiten 250 der weltweit 750 Mitarbeitenden. Gefertigt wird fast ausschliesslich auf Bestellung und üblicherweise wird spätestens nach zehn Tagen ausgeliefert. Seit Mitte 2017 ist Roger Baumann CEO von Büchi. Der Elektroingenieur hat in Mikrotechnik promoviert und treibt ein ambitioniertes strategisches Ziel voran: Die Lösungen von Büchi sollen die Kunden beim digitalen Automatisieren ihrer Prozesse unterstützen. Deshalb arbeiten die Ingenieure daran, die Büchi-Instrumente intelligent zu verknüpfen, zu automatisieren und mit breiteren Funktionalitäten auszustatten. Im Bereich Chemie & Pharma beliefert das Unternehmen in erster Linie die Forschungs- und Entwicklungslabors. «Wir müssen die Herausforderungen unseres Kunden genau kennen», kommentiert Roger Baumann. Büchi könne vereinfachen, vernetzen und beschleunigen und so letztlich einen durchgängigen Prozess mit integrierten Geräten bieten: «Unsere Kunden können so ihre Prozesse verstärkt automatisieren. Das ist die Zukunft.» Im zweiten grossen Bereich, Food & Feed, also der Qualitätskontrolle in der Lebens- und Futtermittelindustrie und bei Umweltlabors, sieht Baumann ebenfalls Innovationspotenzial: «Beispielsweise sind die nutrition declarations auf den Etiketten inzwischen Standard. Hier wollen wir künftig aus einer Hand Lösungen anbieten.» Somit hat sich Büchi vom Zulieferer zum Apparatebauer und nun zum Lösungsanbieter entwickelt – ein permanenter Ausbau des Leistungsspektrums. «Wir wollen nicht nur selber innovativ sein, sondern auch Innovationen beim Kunden ermöglichen», erläutert Roger Baumann. Schon heute tragen Büchi-Apparate dazu bei, Innovationen zu schaffen, etwa in der Molekularküche oder beim Gefriertrocknen von Hefezellen für die Backindustrie. Ein anderes Beispiel ist der Encapsulator, der zum Beispiel medizinische Wirkstoffe verkapselt. Er wird aktuell beispielsweise in der Diabetes-Forschung eingesetzt.
Für ein solches Klima der Innovation und Nachhaltigkeit braucht es verlässliche Rahmenbedingungen: Seit 2017 hält die Büchi Holding AG im Eigentum der Familie Büchi die Mehrheit des Kapitals sowie eine knappe Mehrheit der Stimmen der Büchi Labortechnik AG. Die Büchi Unternehmensstiftung besitzt fast 50 Prozent Stimmenanteil. Sie versteht sich als Garantin der Büchi-Werte und will die Unabhängigkeit des Unternehmens dauerhaft erhalten. Ihre Überschüsse gehen in erster Linie an die Büchi Foundation, die Reinhardt Büchi 2012 gegründet hat, «aus einem Gefühl der Dankbarkeit und als Zeichen der Solidarität». Die Foundation unterstützt Organisationen wie «Amnesty International» oder ausgewählte Einsätze von «Ärzte ohne Grenzen» und trägt so dazu bei, weltweit Gewaltopfern zu helfen und Not zu lindern.

DAS STREBEN, NEUE WEGE ZU GEHEN
Das «Streben, neue Wege zu gehen», hat Walter Büchis eindrucksvolles unternehmerisches Lebenswerk erst möglich gemacht. Seine Söhne haben die Firma in diesem Innovationsgeist weiterentwickelt und sie als eine global führende Anbieterin von Laborlösungen positioniert. Mit der mutigen Organisationsstruktur der Büchi Unternehmensstiftung als Hüterin der Kernwerte, hat Reinhardt Büchi eine solide Grundlage geschaffen, um diese spezifische Mischung von Qualitätsbewusstsein und Innovation nachhaltig zu verankern: getreu dem Anspruch «Quality in your hands».

Bernhard Ruetz: Innovativ. Nachhaltig. Erfolgreich. 
Zehn Schweizer Unternehmen und ihre Geschichten
Verlag Ars Biographica, Humlikon 2019. 
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