Dr. Bernhard Ruetz
Inhaber
Verlag Ars Biographica GmbH
Fortschritt und Verantwortung
In der biblischen Schöpfungsgeschichte gibt es zwei Kernsätze zum Verhältnis von Mensch und Umwelt: «Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan...», heisst es in Genesis 1.28. Ein Kapitel später, in Genesis 2.15, steht hingegen geschrieben: «Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte.»
Diese beiden gegenläufigen Prinzipien haben die jüdisch-christliche Kultur zutiefst geprägt. Das erste Postulat bildet die normative Basis für wissenschaftliche Erkenntnis, technische Entwicklung und ökonomische Ambitionen. Es verkörpert den Willen, die Welt nach menschlichen Vorstellungen zu gestalten, Innovationen zu entwickeln und so Fortschritt zu erzielen. Doch auch die Ausbeutung der Natur ist darin enthalten mit ihren Folgen wie Klimawandel oder Artensterben. Dem gegenüber steht die zweite Überlieferungstradition des Garten Eden, welche die Verantwortung für die Schöpfung betont und damit das Anliegen eines sorgsamen Umgangs mit der Umwelt in unserer Gedankenwelt verankert hat.
Hiermit ist bereits der Urkonflikt zwischen Fortschritt und Bewahrendem umschrieben, der die christlich-abendländische Denkweise in den vergangenen 2000 Jahren stark beeinflusst hat. Aktuell scheint sich dieser Konflikt wieder stärker zu akzentuieren: Der Fortschritt verläuft schneller als wohl jemals zuvor und entsprechend rasant wandelt sich auch unser Leben. Die Digitalisierung beispielsweise greift in alle Sphären der Wirtschaftswelt ein und verändert die Art und Weise, wie wir arbeiten und leben, uns bewegen und kommunizieren erheblich. Das Handykabel ist zur Nabelschnur geworden, die uns mit der Welt vernetzt. Was gestern noch undenkbar war, ist heute bereits selbstverständlich. Und welche Möglichkeiten es morgen geben wird, können wir lediglich in Umrissen erahnen.
Innovationsfähigkeit ist vor diesem Hintergrund wichtiger denn je, wird gar zum Überlebensfaktor. Denn die Veränderungen bieten einerseits grosse Chancen, andererseits hat insbesondere die Digitalisierung ein disruptives Potenzial: Ganze Branchen stehen auf dem Prüfstand, bewährte Vertriebswege oder Marketingstrategien funktionieren nicht mehr gleichermassen. Die Ansprüche von Geschäftspartnern und Kunden an Geschwindigkeit und Servicequalität steigen, viele Waren oder Dienstleistungen sind in der globalen Welt anderswo günstiger erhältlich.
Sorgsamer Umgang mit Ressourcen
Entsprechend dringender wird der Wunsch nach Sicherheit, Konstanz und Vertrauen. Gleichzeitig tritt zunehmend deutlich hervor, wie existenziell ein sorgsamer Umgang mit Ressourcen ist. Das bezieht sich auf Rohstoffe und Energie – beim menschengemachten Klimawandel drohen Auswirkungen auf Flora, Fauna und das Zusammenleben unter den Menschen, die wir uns nur in Albträumen ausmalen können. Auch warnen uns die diversen Finanzkrisen der vergangenen zwei Jahrzehnte davor, welche desaströsen Folgen ein leichtfertiger Umgang mit Geld zeitigen kann.
Schliesslich haben viele Firmen erkannt: Auch der Mensch ist eine Ressource, die einen achtsamen, nachhaltigen Umgang verdient. Zwar ist jeder Mitarbeitende prinzipiell austauschbar, doch Angestellte bringen einen grösseren Mehrwert auf allen Ebenen, wenn sie respektvoll behandelt, gewürdigt und langfristig gefördert werden. Diese Wertschätzung kann nur entstehen, wo sie nicht als Mittel zum Zweck dient, sondern genuiner Ausdruck einer wertebasierten Firmenkultur ist.
Dieses Buch zeigt anhand konkreter Fallbeispiele auf: Es gibt etliche Unternehmen, die aus freiem Antrieb nachhaltig handeln – und zwar konsequent. Nachhaltigkeit ist ihnen kein Schlagwort, kein Feigenblatt, sondern ein echtes Anliegen. Die vorgestellten Firmen bringen ausserdem auf vorbildliche Weise zum Ausdruck, dass in Kombination mit Innovation neue Perspektiven, Geschäftsmodelle und Chancen entstehen können.
Die porträtierten Unternehmen gestalten und stossen Veränderungen an. Sie sind sich aber zugleich der Konsequenzen ihres unternehmerischen Handelns bewusst und übernehmen Verantwortung. Sie zeigen auf, dass Veränderung und Bewahrung, Innovation und Nachhaltigkeit keine Gegensatzpaare sein müssen, sondern gerade aus der Kombination beider Prinzipien eine ganz besondere, zukunftsweisende Kraft erwächst. Lassen wir uns von ihrem Beispiel inspirieren!
Bernhard Ruetz: Innovativ. Nachhaltig. Erfolgreich.
Zehn Schweizer Unternehmen und ihre Geschichten
Verlag Ars Biographica, Humlikon 2019.
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